
Alles im Griff. Einkaufen ist bis ins Detail juristisch geregelt. © Getty Images / Don Bayley
Probieren, sortieren, hantieren: Viele vermeintlichen Selbstverständlichkeiten sind in Wahrheit verboten. Die Rechtsexperten der Stiftung Warentest sagen, was Kunden wissen sollten, damit sie im Supermarkt auch wirklich Könige sind.
Freizeitspaß zwischen Obst- und Wursttheke
Die Deutschen lieben ihre Supermärkte. Eine Umfrage des Bundeslandwirtschaftsministeriums belegt: Mehr als die Hälfte der Verbraucher ist mindestens einmal pro Woche dort. Die Nielsen-Marktforschung fand heraus: 37 Prozent sehen im Supermarkt-Einkauf „ein vergnügliches Ereignis, das mehrere Stunden dauern kann“. Dass der Freizeitspaß zwischen Obst- und Wursttheke juristisch streng reglementiert ist, bedenken wohl die wenigsten. Und leisten sich so manchen Lapsus.
Auch im Supermarkt gelten Regeln
An unbezahlten Keksen knabbern? Verboten. Der Kassiererin oder dem Kassierer das lästige Kleingeld hinkippen? Nicht ohne weiteres möglich. Selbst wer nur ein paar frische Eier kaufen will, sollte genau aufpassen, wenn er Fehler vermeiden will. Zwar dürfen Kunden den Karton öffnen, um nachzusehen, ob der Inhalt heil ist. Kaputte Eier auszutauschen ist aber untersagt. Der Grund: Jeder Eierkarton hat eine Chargennummer. Sie enthält Hinweise zu Größe und Lagerung der Eier und lässt Rückschlüsse auf Erzeuger und Packstation zu. Bunt durchmischte Packungsinhalte stiften also Verwirrung und können andere Verbraucher benachteiligen.
Naschen

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Ein Griff in die unbezahlte Gummibärchentüte kann einen Einkauf versüßen. Aus juristischer Sicht sollten Verbraucher sich aber besser zügeln, denn noch gehört die Ware dem Ladenbesitzer. Wenn Kunden einen Schluck aus der Apfelsaftflasche nehmen, die bereits auf dem Kassenband steht, drücken die meisten Händler ein Auge zu. Anders sieht es schon bei einem Schokoriegel aus, der zwischen den Regalen verputzt wird. Die Gefahr, dass die Verpackung gleich nach dem Verzehr in der Jackentasche verschwindet, gilt als hoch.
Umtausch

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Zuhause packt man die Einkäufe aus und stellt fest: Statt der gewünschten Spaghetti liegt eine Makkaroni-Tüte in der Tasche. Die Packung ist intakt, der Bon noch im Portmonee. Also bringt man die falschen Nudeln zurück und holt sich die richtigen? Leider nicht. Kunden haben kein Recht auf einen Umtausch von Waren, die sie irrtümlich erworben haben. Anders ist die Lage, wenn Lebensmittel vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verdorben sind. Dann müssen Händler sie zurücknehmen.
Tipp: Mehr zum Thema finden Sie in unserem ausführlichen Special Widerruf, Reklamation, Umtausch: Elf Irrtümer rund ums Shoppen und im FAQ Kaufrecht.
Bruchware

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Es ist der Albtraum jedes Supermarktkunden: Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit, ein Stolpern – und schon stürzt man in eine Sektflaschen-Pyramide. Solche Missgeschicke sind peinlich – und teuer. Kunden müssen alle Schäden ersetzen, die sie im Supermarkt verschulden. Immerhin: Wenn nur ein Gurkenglas zerschellt, zeigen sich die meisten Einzelhändler kulant. Geht es um höhere Summen, springt die private Haftpflichtversicherung ein. Eine Police sollte jeder besitzen (Tarifvergleich und Tipps finden Sie im Vergleich Privater Haftpflichtversicherungen).
Verpackungen

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Kartons von Eiern oder Aktionsware dürfen Kunden öffnen, wenn weder Inhalt noch Verpackung zu Schaden kommen. Das gilt selbst dann, wenn Warnhinweise behaupten: „Öffnen verpflichtet zum Kauf.“ Wichtig ist jedoch, dass Verpackungen behutsam aufgemacht und wieder verschlossen werden. Wer allzu rabiat an den Kartonagen reißt und den Inhalt beschädigt, muss das Produkt bezahlen. Geht nur die Packung kaputt, hat der Kunde lediglich für diesen Schaden aufzukommen.
Obst und Gemüse

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Die Weintrauben sehen prall und köstlich aus. Ob der verführerische Anblick hält, was er verspricht, merkt man leider erst beim Reinbeißen. Also stecken sich viele Kunden am Gemüsestand die eine oder andere Beere in den Mund. Erlaubt ist diese Art der Geschmacksprobe nicht, streng genommen ist sie sogar Diebstahl. Bis zum Bezahlen gehört die Ware grundsätzlich dem Supermarkt. Wer Obst oder Gemüse vorab kosten möchte, muss das Verkaufspersonal fragen. In Ordnung ist es, den Reifegrad von Früchten wie Pflaumen oder Mango durch vorsichtiges Betasten zu überprüfen.
Tipp: Die Stiftung Warentest testet regelmäßig Obst und Gemüse aus konventionellem und ökologischem Anbau, zuletzt zum Beispiel Zitronen und Limetten. Viele weitere Tests und Informationen finden Sie auf der Themenseite Obst, Salat und Gemüse.
Großeinkauf

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Das Mineralwasser ist im Sonderangebot – da kommen manche Kunden auf die Idee, sich einen Vorrat für das nächste halbe Jahr anzulegen und die Kisten zuhause zu stapeln. Doch mitunter platzt der geplante Großeinkauf an der Kasse. In der Regel dürfen Kunden im Supermarkt nur „haushaltsübliche Mengen“ einkaufen. Hintergrund: Gerade von besonders begehrter Ware sollen so viele Personen wie möglich etwas davon haben. Kunden, die leer ausgegangen sind, können sich sonst getäuscht fühlen. Was „haushaltsüblich“ ist, dürfen die Händler selbst entscheiden.
Bezahlen

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Kunden, die an der Supermarktkasse eine Tüte mit Kupfergeld ausschütten, machen sich beim Kassenpersonal und anderen Wartenden nicht nur unbeliebt. Wer mehr als 50 Münzen aufs Fließband kippt, muss auch damit rechnen, abgewiesen zu werden. Denn mehr müssen Kassierer pro Einkauf nicht akzeptieren. Auch sind sie nicht verpflichtet, jeden Geldschein anzunehmen. Wer nur ein Kaugummipäckchen kauft, kann nicht erwarten, dass der Händler ihm eine 100-Euro-Note wechselt.
Übrigens: An einigen Supermarkt-Kassen kann man jetzt auch per Smartphone bezahlen. Unser test.de-Reporter hat sich angeschaut, wie das beim größten deutschen Discounter funktioniert: Mit dem Smartphone bei Aldi einkaufen – ein Erlebnisbericht.
Pfand

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Die komplizierten Pfand-Regelungen in Deutschland haben schon oft die Gemüter erhitzt. Auch die Rücknahme von Flaschen und Dosen gehorcht eigenen Gesetzen. Läden mit mehr als 200 Quadratmetern Verkaufsfläche müssen auch Einwegflaschen annehmen, die sie nicht im Sortiment haben. Der Strichcode und das Pfandzeichen sollten lesbar sein. Nimmt der Leergut-Automat die Flasche nicht an, muss der Händler trotzdem das Pfand auszahlen – auch wenn Einwegflaschen zerbeult oder zersprungen sind. Mehrwegflaschen sind Eigentum der Getränkefirma und werden erneut befüllt. Bei der Rückgabe müssen diese intakt sein. Händler sind nur verpflichtet, Mehrwegflaschen zurückzunehmen, die auch in ihrem Sortiment sind.
Aktionsware

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Computer, Kameras, Laufschuhe und andere Sonderangebote müssen am ersten Aktionstag bis mittags im Laden vorrätig sein. Mindestens. Werden Lebensmittel als Aktionsware beworben, müssen sie bis zum Ende des ersten Aktionstags erhältlich sein. Das gilt auch, wenn in der Werbebroschüre steht: „Nur so lange der Vorrat reicht.“ So hat der Bundesgerichtshof zu den sogenannten „Lockvogelangeboten“ entschieden.
Tipp: Die Stiftung Warentest untersucht regelmäßig im Rahmen von Schnelltests sogenannte Aktionsware, zuletzt zum Beispiel eine Matratze von Lidl und ein Notebook von Aldi. Sie wollen, was unsere Schnelltests angeht, auf dem Laufenden bleiben? Abonnieren Sie einen unserer kostenlosen Newsletter!
Einkaufswagen

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Einkaufstüten schleppen ist lästig. Mancher Kunde schnappt sich daher den Einkaufswagen und karrt seine Taschen damit nach Hause. Erlaubt ist das nicht: Wagen und Körbe stehen im Eigentum des Supermarkts. Sie dürfen nicht außerhalb des Geländes verwendet werden. Hier verstehen Händler keinen Spaß. Kein Wunder: Die Wagen kosten 100 bis 150 Euro. Der Schaden durch entwendete Körbe und Wagen summiert sich laut Handelsverband HDE für einzelne Händler auf mehrere tausend Euro im Jahr.
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"Wagen und Körbe stehen im Eigentum des Supermarkts." Wer hätte das gedacht?
"Sie dürfen nicht außerhalb des Geländes verwendet werden." Klar dass der Eigentümer darüber nicht begeistert ist.
Entscheidend aber, einem Kunden, der seinen Einkauf mit dem Einkaufswagen nach Hause, oder zu seinem KFZ bringt, kann man nicht ohne weiteres eine Zueignungsabsicht, also einen Diebstahl unterstellen.
Der rechtswidrige Gebrauch einer Sache ist - abgesehen von Kraftfahrzeugen, Flugzeugen und Motorbooten, kein Diebstahl, "furtum usus". Der Supermarkt kann nur zivilrechtlich in Richtung Schadenersatz vorgehen, oder Hausverbot verhängen.
Umständlich, blöd für die Supermärkte. Aber so ist es meines Wissens. Oder weiß Warentest da was anderes, mit entsprechenden Urteilen?
Danke für Ihren Hinweis. Sie haben Recht. Eine unverzüglich vorgenommene Anfechtungserklärung („Ich habe mich geirrt, ich will Spaghetti und keine Makkaroni.“), eröffnet hier den Weg zur Rückabwicklung des Vertrags mit den dazugehörigen Folgen. Wir werden die Darstellung diesbezüglich noch einmal überarbeiten. (maa)
119 abs. 2 kriegen wir nicht durch,aber wie schauts denn mit dem erklärungsirrtum aus abs 1 alternative 2 aus. "versprechen, verschreiben, verGREIFEN" . Ich glaub da kriegen wir den makkaroni fall durchaus reinsubsumiert
@lutzherrmann: Der Bundesgerichtshof hat dazu schon ein Urteil gefällt. Darin steht, dass Aktionsware (Elektroartikel u.ä.) bis 14 Uhr vorrätig sein muss und Lebensmittel bis zum Ende des Tages. Beides gilt für den erste Aktionstag…..
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=I%20ZR%20183/09&nr=55146 (PK)
Unter Aktionsware sprechen Sie von "bis mittags" oder "Ende des ersten Aktionstags" verfügbar.
Auf http://www.vz-nrw.de/Welche-Rechte-Sie-haben der Verbraucherzentrale wird mit Bezug auf geltendes Recht von "Als angemessen gilt im Regelfall ein Vorrat für zwei Tage." gesprochen.
Was stimmt denn nun?
MfG